Dieser Artikel wurde in der Ausgabe der gedruckten Kommunalwirtschaft abgedruckt.

Rubrik Wasser / Abwasser

MaKo23 und Energieserviceanbieter

Messstellenbetreiber sollten die Chancen jetzt nutzen

Von Philipp Nagel, Geschäftsführer der Mako365 GmbH – 08.08.2023 – Lesezeit ca. 7 Minuten 120

Messstellenbetreiber sollten die Chancen jetzt nutzen

Ein reibungsloser Datenaustausch zwischen den Marktteilnehmern ist die Voraussetzung, dass die Digitalisierung der Energiewirtschaft Mehrwerte bieten kann. Um den Datenaustausch im Umfeld des Smart Meterings weiter zu standardisieren, hat die Bundesnetzagentur die Rolle der Energieserviceanbieter geschaffen – Messstellenbetreiber müssen ihnen auf Bestellung Daten zur Verfügung stellen und dafür die notwendige Infrastruktur aufbauen. Das ist eine komplizierte Aufgabe, doch Messstellenbetreiber können dies auch als Chance sehen: Denn die Kür besteht darin, die Vorgaben zum eigenen Vorteil zu nutzen, Prozesse zu automatisieren und neue Umsatzpotenziale zu eröffnen.

Energieverbraucher, Energieerzeuger, -händler, und -lieferanten, Netz- und Messstellenbetreiber stehen im ständigen Datenaustausch, um Geschäftsprozesse wie Stammdatenänderung, Lieferantenwechsel, Zählerstandübermittlung oder Abrechnung abzuwickeln. Die Digitalisierung bedeutet eine tiefgreifende Weiterentwicklung dieser Prozesse – die Branche befindet sich im Umbruch. Zahlreiche Aufgaben müssen hier von den Messstellenbetreibern gestemmt werden: Sie sind dafür zuständig, die für die Digitalisierung notwendigen Smart Meter, die sogenannten intelligenten Messsysteme (iMS), zu installieren und die Steuerung von Geräten über Smart Meter Gateways zu ermöglichen.

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Um lokale Geräte sicher anzusteuern, sind ihrerseits Hardware und Software erforderlich. An sich ist die Technik sicher, stabil und interoperabel – es kommt zu einer Standardisierung statt eines proprietären Systems, welche die Kommunikation aller Marktteilnehmer gewährleistet. Doch das Thema kommt unter anderem deshalb nur schleppend voran, weil Unternehmen es mit bestehenden IT-Systemen nur unzureichend umgesetzt bekommen. Die Alt-Systeme sind aber nicht für die digitale Messwelt gemacht; diese Individualsysteme mit hohem Customizing-Aufwand abseits des Standards sind nur mit hohem Individualinvestment zukunftsfähig zu halten. Und viele neue Softwaresysteme sind nicht flexibel genug aufgebaut – Anpassungen brauchen auf Herstellerseite Zeit und auf Seiten der Messstellenbetreiber entsteht ein hoher Test- und Implementierungsaufwand.

Herausforderung MaKo22 und MaKo23

Hinzu kommen mindestens zweimal im Jahr, zum 01. April und zum 01. Oktober, regulatorische Änderungen der Marktkommunikation (MaKo) durch die Bundesnetzagentur: übliche Format- und Prozessupdates, aber auch komplette Neuerungen wie die Umstellung des Kommunikationskanals der Sparte Strom auf das AS4-Protokoll (Applicability Statement 4) in der aktuellen MaKo23.

Bisher erfolgt die Marktkommunikation in den Sparten Strom und Gas vielfach noch via E-Mail-Verkehr. Im Zuge der Digitalisierung steigen die Datenmengen und -größen. Deswegen soll das AS4-Protokoll als Webservice der neue Standard werden; er ist bereits aus dem europäischen Ferngasnetz bekannt. Das AS4-Protokoll kann den Prozess gliedern, welche Nachrichten wann, wo und wie in welcher Reihenfolge verarbeitet werden. Es soll eine gewisse Zeit lang im Parallelbetrieb mit dem Vorgänger Email und AS2 weiterlaufen, der noch für bestimmte Prozessbestandteile eingesetzt wird. Die Sparte Gas nutzt außerdem weiterhin Emails. Zwischen dem 01. Oktober 2023 und dem 01. April 2024 soll die Umstellung erfolgen. Es ist anzunehmen und zielführend, die Kommunikation schrittweise auf den neuen Standard umzustellen. Dass dies nun AS4 geworden ist, ist aufgrund der relativ hohen Komplexität des Protokolls zwar nicht jedermanns Favorit – die Chance auf Web Services umzustellen ist dennoch ein bedeutender Fortschritt.

Derzeit besteht eine gewisse Unsicherheit im Markt, da viele Akteure davon ausgehen, dass die Verschlüsselungszertifikate für AS4 in Hardware-Security-Modulen gespeichert werden müssen. Das ist nicht ganz richtig: Für die reine Marktkommunikation und den Lesezugriff als passiver externer Marktteilnehmer (EMT) sind sogenannte Cryptographic Modules ausreichend. Diese lassen sich prinzipiell komplett softwarebasiert implementieren. Auch die hohen Kosten lassen die Marktakteure zögern. Das AS4 Protokoll nutzt die Smart Metering Public Key Infrastructure (SM-PKI). Nur wenige Unternehmen sind berechtigt, die benötigten Verschlüsselungszertifikate auszustellen, weshalb die Zertifikate einen erheblichen Kostenfaktor darstellen könnten.

Neue Rolle: Energieserviceanbieter (ESA)

Neu ist für Messstellenbetreiber außerdem, mit Akteuren außerhalb der unmittelbaren Energiewirtschaft auf standardisiertem Wege zu kommunizieren. Die Bundesnetzagentur hat mit dem Beschluss BK6-20-160 vom 21.12.2020[1] den Energieserviceanbieter (ESA) als neue Marktrolle in der Marktkommunikation etabliert. ESA können beim Messstellenbetreiber Daten im Auftrag der Anschlussnutzer beziehungsweise -nehmer bestellen, um diese bei der Optimierung ihres Energieverbrauchs zu unterstützen. Zielgruppe sind hier bereits digitalisierte Messstellen. Eigentlich sollen Messstellenbetreiber in der Lage sein, den ESA Daten seit 01. Oktober 2022 bereitzustellen, doch viele sind dazu noch nicht in der Lage.

Marktkommunikation als Managed Service

Angesichts dieser Vielzahl an Stolpersteinen spricht einiges dafür, sich die Marktkommunikation bzw. ihre Dienste nicht selbst aufzubürden, sondern sie an einen Managed Service auszulagern – das betrifft sowohl den Messstellenbetrieb als auch die ESA-Rolle. Einfach gelingt das mit einem zentral bereitgestellten System wie einer energiewirtschaftlichen Automatisierungsplattform: Als standardisierte Cloudlösung sowohl für die ESA-Rolle als auch für den Messstellenbetrieb, in diesem Fall für Neukunden ohne zu migrierende Daten, kann sie innerhalb von wenigen Tagen mit den passenden Anwendungen und Prozessdienstleistungen aufgesetzt werden. Updates erfolgen automatisch über die Plattform, was angesichts der hohen Frequenz und Komplexität der Neuerungen unabdingbar ist.

Mit API-first Ansatz lässt sich die Lösung komplett ohne kundenindividuelle Schnittstellen in bestehende Systeme wie ein CRM integrieren oder wenn zum Beispiel die Energiedatenverwaltung in einer anderen Lösung erfolgen soll. Eine leistungsstarke Software erlaubt es außerdem, Funktionen und Formatupdates selbst einzurichten, zu administrieren und eigene Workflows anzulegen.

Mako Software bietet beispielsweise auch eine einfachere Lösung zur neuen AS4-Kommunikation. Hierfür kommen keine Hardware-Security-Module zum Einsatz, was die Lösung günstiger, skalierbarer und unabhängig von Hardware macht. Das Tool kann auch Nachrichten, die von Drittsystemen erzeugt werden, an die Marktpartner weiterleiten.

Eine solche Lösung für die Marktkommunikation muss vor allem flexibel sein, so dass Unternehmen benötigte Funktionen und Komponenten ohne Mehraufwand und Kauf von Lizenzen bei Bedarf hinzufügen können. Es kann also von großem Vorteil sein, sich spezialisierte Softwareanbieter zu suchen, deren Fokus auf ESA und Messstellenbetrieb liegt. Denn die Komplexität der Materie zeigt, dass Anbieter von Gesamtlösungen schnell Probleme bekommen können.

Automatisierung und Mehrwerte

Bei allen Neuerungen und anspruchsvollen Anforderungen können Messstellenbetreiber dennoch profitieren. So birgt die neue ESA-Rolle das Potenzial der Prozessautomatisierung. Denn schon vor der offiziellen Einführung der Energieserviceanbieter haben Messstellenbetreiber berechtigten Dritten Daten bereitgestellt – etwa, wenn ein Aluminiumwerk seinem Energieberatungsunternehmen Verbrauchsdaten zur Verfügung stellen wollte. Diese Datenbereitstellung lässt sich nun durch einen standardisierten Prozess automatisieren. Messstellenbetreiber dürfen Zusatzdienstleistungen wie Steuerung, Messtechnik oder Software skalierbar anbieten und abrechnen.

Energieversorgungsunternehmen sollten außerdem prüfen, inwieweit sie selbst zum Energieserviceanbieter außerhalb des eigenen Netzgebietes werden und damit eine Rolle als Berater für Energieverbrauchsoptimierung einnehmen wollen. Stadtwerke könnten sich damit ein neues Geschäftsfeld erschließen: Denn Unternehmen sind verpflichtet, Energie zu sparen und benötigen hochfrequente Messdaten, um Sparpotenziale zu erkennen. Messstellenbetreiber sollten ihre Aufgabe deshalb nicht mehr nur in der reinen Messung sehen, sondern sich hin zum Mess- und Steuerungsinfrastrukturanbieter entwickeln.

Fazit

Messstellenbetreiber sehen sich im Rahmen der Energiewende mit zahlreichen komplexen Aufgaben konfrontiert: Sie müssen investieren und gleichzeitig wirtschaftlich arbeiten. Deswegen ist es wichtig, sich neue Umsatzpotenziale zu erschließen und die Prozessautomatisierung im Rahmen der Marktkommunikation vollumfänglich aufzugleisen. Eine cloudbasierte Software kann die Aufgaben der Marktkommunikation deutlich vereinfachen.

[1] Siehe Bundesnetzagentur (21.12.2020): BK6-20-160, Online verfügbar unter https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2020/BK6-20-160/BK6-20-160_beschluss_db.html

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