Dieser Artikel wurde in der Ausgabe September 2025 der gedruckten Kommunalwirtschaft abgedruckt.
Von Martin Weber, Berater bei Prior1 – 16.09.2025 – Lesezeit ca. 8 Minuten 60
Am 31. März 2025 endet die nächste wichtige rechenzentrums-relevante Frist des Energieeffizienzgesetzes. Bis dahin müssen Rechenzentren ab 500 kW nicht-redundanter Nennanschlussleistung spätestens ihre Kennzahlen und Verbrauchsdaten für das Jahr 2024 an das Energieeffizienzregister melden. Die praktische Erfahrung aus über einem Jahr Beratungstätigkeit im Bereich EnEfG zeigt: Bei vielen Rechenzentren besteht noch Handlungsbedarf bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. Dabei bietet das EnEfG auch Chancen, den RZ-Betrieb zukunftsfähig und nachhaltig aufzustellen.
Das Energieeffizienzgesetz stellt deutsche Rechenzentren seit seiner Einführung im November 2023 vor zusätzliche Herausforderungen. Eine Analyse der bisherigen Umsetzungspraxis zeigt: Die technischen und organisatorischen Anforderungen sind erheblich - von der detaillierten Energiedatenerfassung über die Einführung von Umwelt- oder Energiemanagementsystemen bis zur Nutzung erneuerbarer Energien. Besonders die Einhaltung der in naher Zukunft vorgeschriebenen Effizienzkennwerte (in Form des PUE-Wertes) erfordern bei vielen Bestandsrechenzentren umfassende Modernisierungsmaßnahmen.
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Die erste Hürde für viele Betreiber liegt bereits in der Feststellung, ob ihr Rechenzentrum überhaupt unter das EnEfG fällt. Entscheidend ist die nicht-redundante elektrische Nennanschlussleistung - ein Kriterium, das in der Praxis oft Interpretationsspielraum lässt. Besonders in mischgenutzten Gebäuden, wo Rechenzentren nur einen Teil der Infrastruktur darstellen, gestaltet sich diese Bewertung komplex.
Die Energiedatenerfassung erweist sich als zweite große Herausforderung. Ein gesetzeskonformes Energiemonitoring erfordert mehrere Komponenten:
Besondere Bedeutung kommt der Energieeffizienz zu: Die ab 2027 geltenden PUE-Grenzwerte werden von vielen Bestandsrechenzentren derzeit nicht erreicht. Die notwendigen Infrastrukturanpassungen zur Verbesserung der Energieeffizienz erfordern meist:
Die Erfahrung zeigt: Kein bisher begleitetes Rechenzentrum erfüllt bereits alle Anforderungen des EnEfG vollständig. Dies betrifft Betreiber quer durch alle Branchen. Besonders die Energieeffizienz der Anlagen sowie die technische Infrastruktur für das geforderte Energiemonitoring und die organisatorischen Strukturen für ein systematisches Energiemanagement weisen häufig noch Lücken auf.
Das EnEfG definiert einen klaren Zeitplan für die Transformation der deutschen Rechenzentrumslandschaft. Die gesetzlichen Stichtage setzen Betreiber dabei unter erheblichen Zeitdruck, da parallel mehrere Anforderungen erfüllt werden müssen: Von der Einführung eines Energiemanagementsystems über die Umstellung auf erneuerbare Energien bis hin zur Einhaltung strenger Effizienzwerte. Die nächsten wichtigen Fristen müssen bereits in wenigen Wochen erfüllt werden, während andere Vorgaben einen Transformationspfad bis 2030 haben. Ein systematischer Überblick über die wichtigsten Termine:
Energiedatenmeldung 2024:
Energiemanagement und erneuerbare Energien:
Effizienzanforderungen:
Für Bestandsrechenzentren (in Betrieb vor 1. Juli 2026):
Für neue Rechenzentren (Inbetriebnahme ab 1. Juli 2026):
Diese Termine setzen vor allem jene Betreiber unter Druck, die noch keine ausreichende Infrastruktur für ein detailliertes Energiemonitoring nutzen. Die Planung, Beschaffung, Installation und Inbetriebnahme der erforderlichen Messtechnik, die Implementierung von Erfassungssystemen sowie die Etablierung der notwendigen Prozesse benötigen erfahrungsgemäß mehrere Monate Vorlaufzeit. Zudem folgt daraufhin zunächst der notwendige Messzeitraum, bis die entsprechenden Jahreskennzahlen gebildet werden können.
Darüber hinaus macht die Erfüllung der PUE-Grenzwerte bei vielen Bestandsrechenzentren umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen notwendig, die ebenfalls frühzeitig geplant werden müssen.
Die Umsetzung der EnEfG-Anforderungen erfordert ein systematisches Vorgehen. Auf Basis der Prior1 Beratungserfahrung hat sich ein mehrstufiger Ansatz bewährt:
1.Status-Quo ermitteln
Für eine erfolgreiche Umsetzung der EnEfG-Anforderungen ist zunächst eine gründliche
Bestandsaufnahme notwendig. Sie umfasst die Untersuchung der vorhandenen technischen
Infrastruktur, der bestehenden Energiemesstechnik mit ihren Erfassungsmöglichkeiten sowie der
bereits implementierten Management- und Dokumentationssysteme. Auch bereits umgesetzte
Energieeffizienzmaßnahmen sollten in dieser Phase erfasst werden. Eine anschließende Gap-Analyse
macht deutlich, in welchen Bereichen konkrete Anpassungen erforderlich sind, um die gesetzlichen
Anforderungen zu erfüllen.
2.Maßnahmen priorisieren
Im zweiten Schritt gilt es, die identifizierten Handlungsfelder in einen konkreten Umsetzungsplan zu
überführen. Die Priorisierung muss dabei die gesetzlichen Fristen und deren zeitliche Staffelung
ebenso berücksichtigen wie die technischen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Maßnahmen.
Auch die verfügbaren Ressourcen, Budgets und betrieblichen Rahmenbedingungen fließen in diese
Planung ein. Besonders wichtig ist die Berücksichtigung der notwendigen Vorlaufzeiten: Die
Erfahrung zeigt, dass vor allem die Implementierung von Energiemanagementsystemen und größere
infrastrukturelle Anpassungen einige Monate an Planungs- und Umsetzungszeit benötigen.
Die Investitionen in Energieeffizienz können sich durchaus rechnen: Ein typisches mittelgroßes Rechenzentrum mit 500 Quadratmetern IT-Fläche verursacht Stromkosten von etwa 1,3 Millionen Euro pro Jahr. Hier bieten Effizienzmaßnahmen erhebliche Einsparpotenziale, die angesichts steigender Energiekosten zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Diese Optimierungspotenziale betreffen einen wachsenden Kreis von Branchen. Während traditionell IT und Telekommunikation den Rechenzentrumsmarkt dominieren, gewinnen Sektoren wie BFSI (Banken, Finanzdienstleistungen und Versicherungen), Gesundheitswesen und E-Commerce zunehmend an Bedeutung1. Diese Branchen, die oft besonders hohe Anforderungen an Verfügbarkeit und Leistung stellen, stehen nun vor der zusätzlichen Herausforderung, ihre digitale Infrastruktur EnEfG-konform weiterzuentwickeln.
Das EnEfG stellt Rechenzentrumsbetreiber vor komplexe Herausforderungen. Die Praxis zeigt jedoch: Mit einem strukturierten Vorgehen sind diese beherrschbar. Die Transformation zu einem energieeffizienten Rechenzentrum ist dabei nicht nur eine gesetzliche Notwendigkeit, sondern auch eine strategische Chance. Wer jetzt handelt, kann den Umstellungsprozess aktiv gestalten und die eigene Infrastruktur zukunftssicher aufstellen.
Entscheidend ist, zeitnah mit der Umsetzung zu beginnen. Die nächsten wichtigen Fristen enden bereits in wenigen Wochen und Monaten, und die Erfahrung zeigt: Die notwendigen technischen und organisatorischen Anpassungen benötigen Vorlaufzeit. Besonders die Installation zusätzlicher Messtechnik, die Implementierung von Energiemanagementsystemen und die Optimierung der PUE- Werte erfordern eine sorgfältige Planung.
Die Investitionen in mehr Energieeffizienz zahlen sich dabei mehrfach aus: durch niedrigere Betriebskosten, bessere Compliance und nicht zuletzt durch einen nachhaltigeren Rechenzentrumsbetrieb. Der Countdown läuft – Betreiber von Rechenzentren sollten die Zeit nutzen, um ihr Rechenzentrum fit für die Zukunft zu machen.
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