Dieser Artikel wird in der Ausgabe Januar / Februar 2025 der gedruckten Kommunalwirtschaft abgedruckt worden sein.
Von MBA, B. Eng. Stefan Veit, Leiter Produkt- und Qualitätsmanagement Elektrotechnik, Gruppenleiter EG-RI, TÜV SÜD Industrie Service GmbH – 02.01.2025 – Lesezeit ca. 10 Minuten 23
Energie dann zu nutzen, wenn sie entsteht, ist direkt, unmittelbar und nachhaltig. Für Solarenergie bedeutet dies, den Strom aus der Photovoltaikanlage möglichst tagsüber zu verbrauchen. Diese Nutzung passt gut zu vielen kommunalen Gebäuden. Ein hoher Eigenverbrauchsanteil bedeutet gleichzeitig einen rentablen Betrieb der Anlage. Sorgfältige Planung, fehlerfreie Installation und regelmäßige Überprüfung im Betrieb sind die Voraussetzungen, unter denen PV-Anlagen technisch sicher, wirtschaftlich und nachhaltig arbeiten. TÜV SÜD zeigt, worauf Betreiber achten sollten.
Schulen, Kindergärten und Bauhöfe haben gemeinsam, dass sie vor allem tagsüber Energie benötigen. Das macht sie besonders geeignet für den Betrieb mit selbst erzeugtem Solarstrom, denn der wirtschaftliche Nutzen von PV-Anlagen ist bei einem hohen Eigenverbrauchsanteil am höchsten. Deshalb ist es für Kommunen zunehmend betriebswirtschaftlich interessant, auf eigenen Liegenschaften Photovoltaik zu installieren und Strom für den Eigenbedarf zu produzieren. Besonders rentabel sind größere Anlagen mit einer Leistung von 50 kWp und darüber.
Verschiedene Betreibermodelle
Für Kommunen gibt es mehrere Möglichkeiten, ihre Liegenschaften zur Stromerzeugung aus Photovoltaik zu nutzen:
Es gibt ein klares politisches Signal zum Ausbau der Photovoltaik. Im Jahr 2030 sollen insgesamt 215 Gigawatt-Peak installierte Anlagenleistung Solarstrom in das Netz einspeisen. Heute liegt die installierte Anlagenleistung bei etwa 80 Gigawatt-Peak. Das Ausbauziel ist also so ambitioniert wie deutlich. Zu erreichen ist die geplante Steigerung der Gesamtleistung vor allem mit den bereits genannten größeren Anlagen ab 50 kWp Leistung, die für die Dächer kommunaler Liegenschaften besonders interessant sind. In dieser Größenordnung sind auch vor dem Hintergrund steigender Anschaffungskosten gute Renditen zu erwarten. Der potenziell mögliche Ertrag jeder Anlage lässt sich mit Simulationsmodellen berechnen., So kann jede Kommune und jeder Betreiber die Investition langfristig planen und durch regelmäßige Prüfungen absichern.
Zusätzlich gilt seit dem 1. Januar 2023 ein Nullsteuersatz für PV-Anlagen auf öffentlichen und dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden. Unabhängig von der Größe der Anlage entfällt die Umsatzsteuer beim Kauf, bei der Lieferung und Installation der Anlagen samt Zubehör sowie der notwendigen Speicher.
Auf eigenen Dächern Solarstrom zu erzeugen, ist für Kommunen ein Weg, Energiekosten im Griff zu behalten und gleichzeitig die Energiewende aktiv voranzubringen. Für einen optimalen Projektablauf sollten einige Grundsatzfragen vorab beantwortet werden. Zunächst geht es um die richtige Strategie und den vorgesehenen Umfang: Sollen „nur“ die Liegenschaften genutzt werden oder auch z. B. Freiflächen? Sollen Neubauten grundsätzlich mit PV geplant und sollen alle verfügbaren Flächen zur Stromerzeugung vorgesehen werden? Alternativ ließe sich der Bedarf ermitteln und die Erzeugung gezielt planen. Innerhalb der Verwaltung sollte die Verantwortung klar zugeordnet sein und an alle Beteiligten kommuniziert werden.
An diese ersten Überlegungen schließt eine Bestandsaufnahme an, quasi ein PV-Kataster. Welche Gebäude kommen in Frage, sind die Dächer tragfähig bzw. für die Installation einer Anlage geeignet und wie groß ist die zur Verfügung stehende Fläche insgesamt? Neben der Belastbarkeit der Dächer müssen auch die Lage und äußere Einflüsse, beispielsweise durch Verschattung, berücksichtigt werden. Ein weiterer Aspekt der Bestandsaufnahme betrifft die vorhandenen Blitz- und Brandschutzeinrichtungen, die eventuell angepasst werden müssen. Möglicherweise hat die Installation einer PV-Anlage auch Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. Hierbei spielt beispielsweise die vorhandene Dachhaut – z.B. ob Bitumen, Ziegel oder Gründach – sowie deren Brennbarkeit eine wichtige Rolle.
Mit diesen Informationen kann eine fundierte Entscheidung für das passende Betreibermodell (siehe Infokasten) getroffen werden. In den Zeit- und Finanzplan fließen auch etwaige Änderungen der Gebäudenutzung ein. Es kann auch sein, dass neue Bedarfe, etwa für E-Mobilität, entstehen. Diese werden bei der Priorisierung der einzelnen Schritte berücksichtigt, soweit bekannt.
Während der Nutzen von selbst erzeugtem Solarstrom für Kommunen auf der Hand liegt, und die Ausbauziele des Bundes weiteres Wachstum ermutigen, gibt es auch ernüchternde Zahlen. So schätzt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV, dass Ende 2020 etwa ein Fünftel der ca. 2 Millionen installierten PV-Anlagen nicht korrekt errichtet wurden. Eine fehlerhaft installierte Anlage kann ihren Wirkungsgrad niemals voll entfalten und im Extremfall zu einem erheblichen Brand- und Sicherheitsrisiko führen. Anlagen, die nicht einwandfrei arbeiten, können auch das Image von Solarenergie oder der Nutzung Erneuerbarer Energien allgemein schädigen. Unabhängige Experten unterstützen bei der Planung, bei der Installation und Inbetriebnahme sowie im Betrieb mit regelmäßigen Prüfungen nach den vorgeschriebenen Intervallen.
Denn als elektrische Anlagen müssen PV-Anlagen regelmäßig überprüft werden. In welchem Intervall diese Überprüfungen stattfinden, hängt unter anderem vom Alter der Anlage ab. Das kann wiederkehrend alle 12 bis zu alle 48 Monate sein. Die Umgebungsbedingungen und Erfahrungswerte von anderen Anlagen sollten jeweils einbezogen werden.
Enger getaktete Prüfintervalle erhöhen die Chance, Mängel frühzeitig zu erkennen. Unabhängig von der Größe der Anlage sind Prüfungen zum Beispiel dann empfehlenswert, wenn Garantien der Komponenten ablaufen oder eine Haftung vom Errichter auf den Betreiber übergeht. Prüfprotokolle dienen im Streitfall als objektive Dokumentation. Neben der gesetzlichen Verpflichtung liefert jede Prüfung wertvolle Erkenntnisse über den Zustand und die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Weiterhin fordern auch viele Sachversicherer in ihren Versicherungsbedingungen regelmäßige Prüfungen. Diese dürfen ausschließlich von VdS-anerkannten Sachverständigen durchgeführt werden, beispielsweise von den Experten des TÜV SÜD.
Gegenstand regelmäßiger Prüfungen sind neben einer allgemeinen Sichtprüfung zum Zustand der Komponenten auch Funktionsprüfungen. Im Rahmen von Messungen wird die Durchgängigkeit von Schutzleitern geprüft und Isolationswiderstandsmessungen werden durchgeführt. Auch müssen für den Fehlerfall entsprechende Schutzmaßnahmen – beispielsweise die automatische Abschaltung – vorgesehen und funktionsfähig sein. Unabhängige Sachverständige unterstützen bei der Planung effizienter Prüfabläufe und führen Prüfungen selbst durch. Synergieeffekte können sich durch die Kombination mehrerer vorgeschriebener Inspektionen ergeben.
Fehler bei der Installation oder der Einbau von Modulen mit unentdeckten Schäden, zum Beispiel defekten Zellen in Kombination mit defekten Freilaufdioden verhindern den optimalen Ertrag vom ersten Betriebstag an. Im laufenden Betrieb können dann Verschmutzungen, starker Bewuchs und Verschleiß zu einem weiter verminderten Ertrag der Anlage führen. Schon der Ausfall einer einzigen Zelle kann die Leistung des gesamten Strings reduzieren. Der Weiterbetrieb mit beschädigten Modulen erhöht zudem die Brandgefahr. In vielen Fällen reicht eine einfache Sichtprüfung durch ausgebildete Experten, um Fehlerquellen zu entdecken und zu beseitigen.
Genauere Ergebnisse liefern Wärmebildkameras. Während stark erhitzte Bereiche auf erhöhten elektrischen Widerstand und damit auf Fehlfunktionen hindeuten, geben inaktive Zellen keinerlei Wärme ab und sind gleichfalls über ein Wärmebild zu erkennen. Allerdings kann die Wärmebildkamera nur bei passenden Bedingungen, also gleichmäßiger Sonneneinstrahlung ohne Reflektionen und Blendungen, zuverlässige Ergebnisse liefern.
Wetterunabhängig arbeitet die inverse Thermografie, bei der das Modul extern bestromt wird. Inaktive Bereiche und hohe Widerstände sind hier sehr deutlich zu erkennen. Noch feinere Ergebnisse liefert die Messung elektromagnetischer Wellen (Elektrolumineszenz), die zudem nachts durchgeführt wird und somit den Betrieb nicht stört. Alle thermografischen Prüfverfahren sind am eingebauten Modul möglich. Der Einsatz von Drohnen vereinfacht die Messungen zusätzlich.
Eine fachgerechte Planung, Installation und Wartung schließt auch den Brandschutz ein. Im Rahmen der brandschutztechnischen Konzeptionierung eines Gebäudes muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Anlagen grundsätzlich angeschaltet sind, weil sie bei Sonneneinstrahlung permanent Strom erzeugen. Hierbei sind Systemspannungen bis 1.500 V üblich, was bei Berührungen für den Menschen tödlich enden kann. Besonders für den Bereich des abwehrenden Brandschutzes – also den Einsatz von Feuerwehr und Hilfskräften im Schadensfall – sind hier besondere Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Auch angeschlossene Batteriespeicher können eine Gefahrenquelle darstellen. Übersichtspläne sollten alle Standorte der Generatoren und den Leitungsverlauf exakt anzeigen. Ein deutlich sichtbarer Hinweis auf die PV-Anlage informiert Rettungskräfte im Brandfall. Als weitere Schutzmaßnahme dient ein Feuerwehrschalter, der während eines Einsatzes die Energieführung unterbrechen kann.
Unentdeckte Mängel verschlechtern den Wirkungsgrad von Photovoltaikanlagen. Die Qualitätssicherung beginnt nicht erst ab einer bestimmten Betriebsdauer, sondern muss bereits in der Planung verankert werden. So werden Schäden und Hindernisse entdeckt, bevor sie vermeidbare hohe Kosten verursachen. Das Know-how eines erfahrenen Prüfdienstleisters hilft Kommunen, ihre Photovoltaikanlagen sicher und wirtschaftlich zu planen, zu installieren und zu betreiben.
Für PV-Anlagen gilt die technische Anschlussregel Niederspannung (VDE-AR-N 4100). Sie beschreibt die Anforderungen an Planung, Errichtung und Anschluss von elektrischen Anlagen an das Niederspannungsnetz.
Zur Abnahme jeder Photovoltaikanlage gehört auch eine vollständige Dokumentation nach DIN EN 62446-1 (VDE 0126-23-1) zur Prüfung, Dokumentation und Instandhaltung von Photovoltaikanlagen. Die Unterlagen enthalten neben den Angaben zum Standort, Besitzer, Planer und Errichter ein Anlagenschema und die Konfiguration. Datenblätter zu allen Modulen und ein detaillierter Schaltplan sind ebenfalls vorgeschrieben. Weitere erforderliche Informationen beziehen sich auf die elektrische Sicherheit, Erdung und Blitz- sowie Brandschutz. Das Anschlussprotokoll von Errichter und Netzbetreiber ist beizufügen, ebenso wie das Inbetriebnahmeprotokoll und die Planung zu Betrieb und Wartung.
In die Dokumentation fließt nicht nur der aktuelle Anlagenzustand zum Prüfzeitpunkt ein, sondern auch Veränderungen über den gesamten Lebenszyklus. Im laufenden Betrieb sind vor allem DIN VDE 0105-100/A1 für wiederkehrende Prüfungen elektrischer Anlagen sowie DIN VDE 0126-23 für die Instandhaltung und Prüfung netzgekoppelter PV-Anlagen relevant. In die regelmäßigen Inspektionen wird auch die Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel (DGUV V3) einbezogen. Weiterhin werden Vorgaben der Sachversicherer, z.B. die VdS-Prüfrichtlinie 2871 beachtet, wenn diese für das Objekt relevant sind. Experten empfehlen, die Ressourcen für diese wiederkehrenden Prüfungen in die Planung aufzunehmen.
Nicht nur auf den eigenen Dächern kann eine Kommune den Ausbau von Photovoltaik unterstützen. Viele Dachflächen gewerblicher Bauten sind derzeit noch ungenutzt für die Stromerzeugung. Kommunen können hier als Motivator wirken und die Unternehmen gezielt auf Beratungsangebote ansprechen. Selbst erzeugter Strom bedeutet für die Unternehmen eine Preisstabilität, die der freie Strommarkt aktuell weniger denn je bieten kann.
Gründlich geplante, korrekt installierte, regelmäßig gewartete und einwandfrei arbeitende PV-Anlagen tragen zur nachhaltigen Energieerzeugung in Kommunen bei. Durch regelmäßige Überprüfungen mit den richtigen Methoden sichern die Betreiber ihre Investition ab und erhalten den optimalen Wirkungsgrad ihrer Anlagen. So ist die Energieerzeugung für den Eigenverbrauch technisch, wirtschaftlich und rechtlich sicher und wird dadurch nachhaltig.
Autor
MBA, B. Eng. Stefan Veit
Leiter Produkt- und Qualitätsmanagement Elektrotechnik, Gruppenleiter EG-RI
TÜV SÜD Industrie Service GmbH
Stefan Veit ist Ingenieur der Elektrotechnik und des Energie- und Umweltmanagements und leitet die Abteilung Elektro- und Gebäudetechnik in der Niederlassung Augsburg. Weiterhin ist er als Senior Expert im Bereich Real Estate in der Gremien- und Normenarbeit engagiert. Für den Prüfsachverständigen sind bau- und planungsbegleitende Prüfungen der Elektro- und Gebäudetechnik, aber auch Fehlerdiagnosen und Gutachten Berufsalltag.
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