New Work - schöne neue Arbeitswelt in Zeiten des Fachkräftemangels?

Bei der Debatte um das Konzept der New Work betonen Kommentatoren von allen Seiten die Bedeutung der Flexibilität und der Möglichkeit, die beruflichen Aufgaben von überall aus erledigen zu können.

Die Frage, welche konkreten Auswirkungen flexible Arbeitszeitmodelle und das "Remote Working" auf die Gesellschaft insgesamt haben, bleibt indes unbeantwortet.
Die gesellschaftlichen Konsequenzen der modernen Arbeitswelt sind äußerst vielschichtig und betreffen nahezu alle Lebensbereiche: Es geht um Chancengleichheit und Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, um eine neue Gewichtung von beruflichen und privaten Verpflichtungen sowie eine tiefgreifende Veränderung der Wirtschaftswelt selbst.

Philip Ranft, CEO von Ranft und Kollegen, untersucht die Chancen und Risiken der New Work und erläutert, welche Maßnahmen Unternehmer ergreifen müssen, um negative Auswirkungen zu vermeiden und die Vorteile der modernen Arbeitswelt optimal auszuschöpfen.

Der Sinneswandel der Generationen Y und Z und seine Folgen

Das Modell Homeoffice boomt: Arbeitnehmer erledigen ihre Arbeit immer häufiger vom heimischen Schreibtisch aus, was ihnen ein hohes Maß an Flexibilität und Kosteneinsparungen bescheren kann.
Wie gut die Unternehmen auf das Konzept dieser modernen Form des Arbeitens vorbereitet sind, hängt von der Branche ab. Die Pandemie hat die Firmen gezwungen, diejenigen Technologien, die Remote Working ermöglichen, in ihre betrieblichen Strukturen zu integrieren. In etlichen Branchen gestaltet sich die Suche nach passgenauen Lösungen schwierig. Arbeitskräfte, die in der Fertigung tätig sind, können ihre Aufgaben nicht ohne Weiteres im Homeoffice erledigen. In einigen Fällen steht der Datenschutz den modernen Arbeitsformen im Wege, etwa dann, wenn Mitarbeiter mit Daten umgehen, die sie aus rechtlichen Gründen ausschließlich offline verarbeiten dürfen.
Dennoch profitiert die Wirtschaft, wenn sie auf den Wunsch der Arbeitnehmer eingeht und das Homeoffice überall dort ermöglicht, wo es sich implementieren lässt. Die Generationen Y und Z legen großen Wert auf selbstständiges und weitgehend freies Arbeiten und nehmen dafür sogar Gehaltseinbußen in Kauf. Für sie steht eine ausgewogene Work-Life-Balance an erster Stelle - und die lässt sich nur mit flexiblen Arbeitsmodellen ermöglichen. Wenn Arbeitgeber diese Ansprüche erfüllen, haben sie gute Chancen, dass sich junge Mitarbeiter engagiert einbringen und die Unternehmensziele mit Elan verfolgen.

Welche Vorteile bietet das Homeoffice den Arbeitnehmern?

Das Arbeiten von zu Hause aus bietet den Arbeitnehmern eine Vielzahl von Vorteilen. Laut einer aktuellen Umfrage, an der 2.000 Berufstätige teilnahmen, gaben 78% der Befragten an, dass das Homeoffice es ihnen ermöglicht, ihre beruflichen und privaten Verpflichtungen besser miteinander in Einklang zu bringen. Besonders hervorgehoben wurde dabei der positive Einfluss auf die Work-Life-Balance.

Die Umfrage ergab, dass die Möglichkeit, ohne Pendelzeiten direkt von zu Hause aus zu arbeiten, bei den Arbeitnehmern zu einer höheren Zufriedenheit führt. Die Arbeitnehmer können ihren Arbeitstag flexibler gestalten und ihre Arbeitszeit effizienter nutzen. Sobald sie ihre anstehenden Aufgaben erledigt haben, haben sie mehr Freizeit zur Verfügung, was zu einem insgesamt entspannteren Lebensstil beiträgt.

Welche Eigenschaften sind eher negativ zu bewerten?

Wenn wir die Vor- und Nachteile des Homeoffice betrachten, stoßen wir auf einige Eigenschaften, die sich tendenziell negativ auswirken können. Soziale Isolation ist ein oft genannter Faktor. Das Arbeiten am Computer ermöglicht zwar die Fortführung der beruflichen Tätigkeit, doch der zwischenmenschliche Kontakt zu den Kollegen bleibt oft auf der Strecke. Dies kann dazu führen, dass die üblichen Gespräche in der Kaffeeküche oder der kurze Plausch am Schreibtisch der Vergangenheit angehören. Ein Beispiel hierfür wäre Sarah, die normalerweise jeden Morgen mit ihrem Kollegen Tom über die neuesten Serien spricht, aber im Homeoffice diese sozialen Interaktionen vermisst.

Ein weiterer negativer Aspekt ist die Herausforderung der freien Zeiteinteilung. Die Möglichkeit, den eigenen Arbeitstag selbst zu gestalten, birgt das Risiko von Ablenkungen. Sei es der Nachbar, der unangekündigt auf einen Kaffee vorbeikommt, oder die Versuchung, zwischendurch in den sozialen Medien zu stöbern. Gleichzeitig fällt es vielen Mitarbeitern schwer, klare Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit zu ziehen. Die Trennlinie zwischen Pflichten und Vergnügen verschwimmt, was zu einem erhöhten Stressniveau führen kann. Ein Beispiel dafür ist Michael, der immer wieder in die Arbeit hineingezogen wird, selbst nach Feierabend.

Nicht zuletzt gibt es technische Hürden zu überwinden. Die Arbeitnehmer benötigen die richtige Ausstattung, sei es Hardware, Software oder eine zuverlässige Internetverbindung. Manchmal sind sogar zusätzliche Geräte erforderlich. Ideal wäre ein separates Arbeitszimmer, doch nicht jeder verfügt darüber. Dies kann die Effizienz und den Komfort des Homeoffice beeinträchtigen. Nehmen wir als Beispiel Lisa, die zwar gern von zu Hause aus arbeiten würde, aber keinen geeigneten Raum dafür hat.

Wie profitieren Unternehmen von Homeoffice?

Unternehmen profitieren einerseits durch Kosteneinsparungen und andererseits durch eine verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit. Firmen können beispielsweise auf die Bereitstellung von Arbeitskleidung und Mitarbeiterkantinen verzichten, der Bedarf an sanitären Anlagen, die regelmäßige Wartung und Reinigung benötigen, sinkt ebenfalls.

Studien zeigen zudem, dass Mitarbeiter im Homeoffice effektiver arbeiten. Dies liegt an einem verringerten Stresslevel und einer erhöhten Motivation. Wer in den eigenen vier Wänden arbeitet und ungestört ist, erledigt die gleiche Menge an Aufgaben in kürzerer Zeit und mit einer geringeren Fehlerquote. Hinzu kommt die Verminderung von Stressoren, die ihren Ursprung weder im privaten noch beruflichen Leben haben: Wer auf dem Weg zur Arbeit 60 Minuten lang im Stau gestanden hat, erreicht seinen Arbeitsplatz weniger motiviert als einer Person, die gut ausgeschlafen ist und sich sogleich voller Tatendrang ihren Aufgaben widmet.
Darüber hinaus profitieren nicht nur die Wirtschaftssubjekte vom Homeoffice: Die Möglichkeit, im heimischen Büro zu arbeiten, schont die Umwelt, da regelmäßiges Pendeln entfällt.

Die Schattenseiten der Flexibilität

Der Aufstieg des Homeoffice hat zweifellos die Arbeitswelt revolutioniert, aber wie jede Veränderung birgt auch diese ihre eigenen Herausforderungen. Schauen wir uns einige Beispiele aus der Presse an, die diese Nachteile beleuchten:

Steigende Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen: Die Trennung von Arbeit und Privatleben im Homeoffice kann schwierig sein. Dies führte in einigen Fällen zu einem Anstieg von stressbedingten Erkrankungen. Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom März 2023 sind die Krankschreibungen aufgrund von psychischer Belastung bei Heimarbeit um 25 % gestiegen.

Ablenkungen und sinkende Produktivität: In den eigenen vier Wänden gibt es zahlreiche Ablenkungen, sei es die ungelesene Zeitschrift auf dem Tisch oder der Kühlschrank, der verlockend ruft. Die "Wirtschaftswoche" berichtete im Juni 2023 über die wachsenden Bedenken von Unternehmen hinsichtlich der Produktivität im Homeoffice.

Technische Herausforderungen: Das Bereitstellen sicherer VPN-Verbindungen ist für Unternehmen unerlässlich, um sensible Daten zu schützen. Ein Bericht des "Handelsblatts" im Februar 2023 hebt die Notwendigkeit dieser Maßnahmen hervor und betont, wie Unternehmen verstärkt in ihre IT-Infrastruktur investieren müssen.

Doch trotz dieser Herausforderungen bietet das Homeoffice auch Chancen und Flexibilität für Arbeitnehmer. Die Kunst für Unternehmen besteht darin, diese Vorteile zu nutzen, während sie die Nachteile in den Griff bekommen. Es ist ein Prozess der Anpassung und Innovation, der in den kommenden Jahren zweifellos weiter an Bedeutung gewinnen wird. In diesem sich ständig verändernden Arbeitsumfeld werden Unternehmen ermutigt, flexible Modelle zu entwickeln, um ihren Mitarbeitern die bestmögliche Arbeitsumgebung zu bieten.

Fazit

Homeoffice eine Option, die viele Vorzüge bietet, aber auch Herausforderungen mit sich bringt. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, die Bedürfnisse der jungen Generationen Y und Z zu berücksichtigen, die verstärkt auf zeitliche und örtliche Flexibilität bei der Arbeit setzen. Flexible Arbeitsmodelle können dazu beitragen, die Arbeitnehmerzufriedenheit zu steigern und Talente an sich zu binden.

Dennoch sollten Unternehmen vorsichtig sein und die möglichen negativen Auswirkungen des Homeoffice im Auge behalten. Insbesondere die Zunahme psychischer Belastungen und Fehltage von Arbeitnehmern sollten aufmerksam verfolgt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.Die Generationen Y und Z legen großen Wert auf zeitliche und örtliche Unabhängigkeit bei der Arbeit. Aufgrund der besonderen Bedingungen einiger Branchen gestaltet sich die Implementierung dieser Arbeitsformen oft schwierig. Daher ist es ratsam, dass Unternehmen dort, wo es möglich ist, flexible Arbeitsmöglichkeiten anbieten und dabei kreative Lösungsansätze finden.

Abschließend sei gesagt: Homeoffice mag die Zukunft sein, aber es wird nie die gute alte Kaffeepausen-Gesellschaft im Büro ersetzen können. Vielleicht sollten wir in Zukunft virtuelle Kaffeepausen einführen – mit virtuellen Kuchen und einem holografischen Kaffeekocher.
Prost auf die Zukunft der Arbeit!