Die Unzufriedenheit mit einem Dienstleister für Facility Services ist oft ein Spiegelbild eigener Unzulänglichkeiten. Konzept, Umsetzung, Kontrolle - vieles muss besser werden, sagen Experten.
Wenn Eltern Putznachmittage organisieren, um die Schultoiletten ihrer Kinder zu reinigen, ist ein breites Presseecho garantiert.1 Nicht selten schieben sich dann Schulträger und Reinigungsfirma den Schwarzen Peter gegenseitig zu. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs, die aufgrund ihrer Sichtbarkeit und Spektakularität ans Licht der Öffentlichkeit gelangt: Wartungs- und Servicemängel manifestieren sich auch in verschmutzten Klimaanlagen, defekter Alarmtechnik oder maroder Elektrik. Würden die Medien solche Themen konsequent verfolgen, sähe so manche Kommune am Ende schlecht aus. Denn sie steht in der Betreiberverantwortung. Allein sie hat es in der Hand, Maßstäbe zu setzen und Risiken zu begrenzen: durch Servicekonzepte, die sämtliche Facility-Service-Maßnahmen detailliert festlegen. Sie muss die Leistungen klar definieren, deren Durchführung überwachen und Mängel konsequent abstellen.
Der Betreiber haftet
Qualität hängt maßgeblich von der Beherrschung von Prozessen ab. Seit Beginn der Outsourcing-Welle in den Facility Services hinkten die tatsächlichen Verhältnisse den Anforderungen hinterher. Mit einer externen Vergabe gibt der Auftraggeber seine Führungsrolle ab. Manche scheinen geradezu froh zu sein, die Verantwortung loszuwerden. Sie verlassen sich darauf, dass dies beim Auftragnehmer schon irgendwie funktioniert. Das ist der Knackpunkt. Denn der Auftraggeber einer werkvertraglichen Leistung ist gesetzlich verpflichtet, bei der Erstellung der Leistung mitzuwirken, sie abzunehmen und sie nachweisfähig zu dokumentieren, bis hin zum Beginn, dem Ende und der Dauer der Arbeitszeit. Auch haftet der Eigentümer einer Immobilie gegenüber Dritten. Ein mangels Winterdienst zu Fall gekommener Fußgänger gehört zu den trivialeren Beispielen. Eine schlecht gewartete raumlufttechnische Anlage, in deren Kühlsystem sich Legionellen gebildet haben, zeigt die Dimension des Problems auf. Selbst bei einem Outsourcing an einen Generalübernehmer, wie es zurzeit angeblich im Trend liegt, benötigt der Betreiber ein eigenes wirksames Anweisungs- und Nachweissystem. Die Kommunalverwaltung ist also auch qua Gesetz und Regeltreue (Compliance) in der Pflicht. Das Qualitätsrisiko und den eventuellen Wertverlust nur mangelhaft instandgehaltener Immobilien trägt sie ohnehin allein.
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Klares Servicekonzept
Beispiel Reinigung: „Das Servicekonzept beschreibt, was genau, wie viel oder wie häufig, an welchen Objekten, Anlagen und so weiter wann und wie lange durch wen erbracht werden muss oder soll“, erklärt Holger Knuf, Geschäftsführer des i2fm Internationalen Instituts für Facility-Management.2 Es werden verschiedene Servicepakete definiert und daraus Teilaufgaben bis hin zu den einzelnen Servicetätigkeiten abgeleitet. Daraus lassen sich wiederum steuerbare Servicelevel modellieren, zum Beispiel nach den Kriterien „gesetzlich erforderlich“, „für die Nutzung von Objekten“ notwendig, „für den Erhalt der Objekte unabdingbar“, „vom Kerngeschäft benötigt“ oder auch nur „gewünscht“. So werde sichergestellt, dass Sparbeschlüsse des Stadtrats zielgerichtet umgesetzt werden können. Für diese Servicelevel ließen sich mit den Dienstleistern Vereinbarungen treffen, die Daten in die Steuerungssysteme einpflegen und situationsbedingt schnell agieren - mit der Gewissheit, eine Mindestqualität nicht zu unterschreiten“, so Matthias Droste, Country Manager DACH der ERA Group, einer Beratungsgruppe für Einkaufsmanagement und Kostenoptimierung.3 Umgekehrt sei auf dieser Basis genau erkennbar, durch welche Stellschrauben sich das Preis-/Leistungsverhältnis gezielt optimieren ließe.
Finanzielle Risiken begrenzen
Droste: „Unklare oder unvollständige Leistungsbeschreibungen eröffnen dagegen Interpretationsspielräume, die häufig zu Konflikten führen.“ Speziell im Reinigungsbereich beliefen sich die Mehrkosten nicht selten auf bis zu 50 % der ursprünglichen Auftragssumme. Es komme vor, dass öffentliche Auftraggeber den Beschaffungsbedarf bei Eröffnung des Ausschreibungsverfahrens noch nicht hinreichend genug oder falsch ermittelt hätten, so die Rechtsanwälte Heuking Kühn Lüer Wojtek, eine führende auf öffentliches Vergaberecht spezialisierte Kanzlei.4 Der Auftragsgegenstand müsse so eindeutig und detailliert wie möglich beschrieben werden: Funktions- oder Leistungsanforderungen sowie eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe einschließlich der Umstände und der Bedingungen der Leistungserbringung. Spätestens dann, wenn es zum Streit kommt, müssen die Karten – die Akten – auf den Tisch gelegt werden. Öffentlichen Auftraggebern unterlaufe allerdings häufig der Fehler, dass sie das Verfahren entgegen gesetzlichen Vorgaben nicht von Beginn an fortlaufend in Textform dokumentieren und keine oder nur unvollständige Vergabevermerke anfertigten, berichten die Juristen.
Oft können aufgrund von Leistungsmängeln berechtigte Rechnungskürzungen oder Vertragsstrafen nicht verfolgt werden, weil die Maßstäbe für Abzüge fehlen. „Eine Wirtschaftlichkeitskontrolle während der Vertragslaufzeiten war in keinem der geprüften Verträge dokumentiert. In 90 % der geprüften Verträge wurden Preisanpassungen während der Vertragslaufzeiten vorgenommen, vorwiegend durch die Auftragnehmer. Demgegenüber enthielten aber nur 73 % der Gebäudereinigungsverträge Preisanpassungsklauseln. Eine Nachprüfung der Preisanpassungen durch die Kommune war nur in 59 % der Gebäudereinigungsverträge dokumentiert“, heißt es Jahresbericht 2022 (Band II) des Sächsischen Rechnungshofes.5
Externer Support
„Vor allem kleinere Kommunen sind mit der Erstellung der Verzeichnisse überfordert, das beginnt schon bei den Basisdaten, etwa fehlerhaft geführten Raumbüchern“, so der ERA-Experte. Der Bayerische Kommunal-Prüfungsverband (BKPV) monierte bereits im Jahr 2018, dass bei kleineren Kommunen nicht einmal Gebäudeakten existierten, auf deren Basis Leistungsbeschreibungen oder Reinigungspläne überhaupt erst erstellt werden könnten. Es folgte Corona und im Anschluss als Tribut an immer weiter marodierende Kommunalfinanzen eine „Konservierung des Status quo“ (ERA). Denn auch im Jahr 2023 zeigte sich „...dass viele Kommunen bereits nicht für die wirtschaftliche Bedeutung der Reinigungskosten sensibilisiert waren. In diesen Fällen konnten uns zu den Liegenschaften keine Reinigungspläne oder anderweitige Vorgaben, teilweise auch keine aktuellen Gebäudeakten vorgelegt werden“, so der Geschäftsbericht des BKPV.6
Aus diesem Grund nehmen vor allem kleinere und mittlere Kommunen bei Ausschreibungen und Vergabeverfahren eine Beratung durch externe Spezialisten in Anspruch. Vor allem bei Bieterverfahren benötigten die personell überlasteten Vergabestellen häufig Unterstützung. Aber auch bei der Überwachung der Auftragsdurchführung böten sich Supportmodelle an. Droste: „Ein bewährtes Instrument ist eine Art „Ongoing Service“ mit regelmäßigen Qualitätschecks, der Kontrolle von Mängelbeseitigungen und Zufriedenheitsabfragen bei Nutzern.“ Auch Nachverhandlungen ließen sich nach geltendem Vergaberecht in ein solches Konstrukt integrieren, was den Aufwand für eine neue Vergabe erspare.
ESG-Kriterien
Eine besondere Herausforderung wird die Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Rahmen des geplanten Vergaberechtstransformationsgesetzes (VergRTransfG). Ein neuer § 120a GWB sieht Soll- und Mussvorgaben für bestimmte Waren-, Bau- oder Dienstleistungen sowie eine diesbezügliche Negativliste vor. ESG-Kriterien sollen bereits bei den vorbereitenden Markterkundungen berücksichtigt werden.
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