Dieser Artikel wurde in der Ausgabe August 2025 der gedruckten Kommunalwirtschaft abgedruckt.

Rubrik Allgemein

Interkommunale Zusammenarbeit als Alternative zum Kliniksterben

Von Rechtsanwältin Dr. Beatrice Fabry, Rechtsanwalt Christian Bischoff, Menold Bezler, Stuttgart – 07.07.2025 – Lesezeit ca. 5 Minuten 57

Interkommunale Zusammenarbeit als Alternative zum Kliniksterben

Krankenhäuser stehen seit Jahren unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Die finanzielle Lage vieler Krankenhäuser hat sich 2024 weiter verschlechtert. Viele kommunale Krankenhäuser können ihre Betriebsdefizite nur noch mit hohen Finanzspritzen ihrer kommunalen Träger finanzieren, die damit häufig aber selbst an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommen. Bereits deshalb, vor allem aber auch vor dem Hintergrund der Krankenhausreform ist mit weiteren Schließungen von Krankenhausstandorten zu rechnen.

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz

Nachdem sich die Gesundheitsminister des Bundes und der Länder im Juli 2023 auf eine Neuordnung des Systems der Krankenhausfinanzierung verständigt hatten, welche die weit verbreiteten Finanzprobleme der Krankenhäuser lösen sollte, ist am 12. Dezenber 2024 das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, kurz: KHVVG) in Kraft getreten. Ziele des Gesetzes sind insbesondere die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten sowie eine Effizienzsteigerung in der Krankenhausversorgung und Entbürokratisierung.

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Von Fallpauschalen zu Vorhaltebudgets und Leistungsgruppen

Mit der Krankenhausreform erfolgt eine teilweise Abkehr von der bisherigen Finanzierung der Krankenhäuser mittels Fallpauschalen. Das System der Fallpauschalen bedeutete eine Festpreis-Vergütung medizinischer Leistungen nach typisierten Behandlungsfällen. Künftig sollen 60 Prozent der bisherigen Fallpauschalen durch eine garantierte Vergütung – das sogenannte Vorhaltebudget – unabhängig von den tatsächlich durchgeführten Behandlungen vergütet werden.

Krankenhäuser erhalten die Vergütung künftig entsprechend der von ihnen angebotenen Leistungsgruppen, etwa Kardiologie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Neurologie, welche die medizinischen Leistungen definieren. Diese Leistungsgruppen werden durch die zuständigen Landesbehörden auf Antrag zugewiesen. Im Rahmen dessen entscheiden die Landesbehörden darüber, welche Standorte welche Leistungen erbringen dürfen und damit, für welche Leistungen Krankenhäuser Vergütungen erhalten. Erreicht werden soll so eine Konzentration der Behandlungsangebote. Dies ergibt sich auch aus einer Empfehlung eines durch das Land Baden-Württemberg in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Krankenhauslandschaft.

Für viele, auch kommunale Krankenhäuser wird dies existenzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Dies sagte der frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits im Rahmen der Gesetzgebung voraus, als er verkündete, dass es spätestens in zehn Jahren ein paar Hundert Krankenhäuser weniger geben werde.

Stützungsmaßnahmen, Umstrukturierungen oder Kooperationen?

Infolge der vielerorts bereits bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten besteht aktuell Handlungsbedarf. Diesem kann innerhalb bestehender Strukturen – im Rahmen des kommunal- und EU-beihilfenrechtlich Zulässigen und entsprechender finanzieller Möglichkeiten der Träger – durch eine Kapitalerhöhung, einen Forderungsverzicht, Patronatserklärungen oder durch die Vereinbarung qualifizierter Rangrücktritte begegnet werden. Neben solchen kurzfristigen Stützungsmaßnahmen kommen langfristige Kooperationen und Umstrukturierungen in Betracht.

Berücksichtigt man die angestrebte Konzentration von Krankenhäusern und damit einhergehend die voraussichtliche Zuweisung von Leistungsgruppen, kann sich auch eine Neuausrichtung in einem Verbund anbieten. Neben Synergieeffekten kann dies insbesondere eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Zuweisung von Leistungsgruppen nach sich ziehen. Dies wirkt sich entsprechend auf das Leistungsangebot und die Finanzierung solcher Krankenhäuser aus.

In der neuen Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung vom 15. April 2025 (kurz KHTFV) wird überdies die Förderfähigkeit von „wettbewerbsrechtlich zulässigen Vorhaben zur Bildung und Fortentwicklung von regional begrenzten Krankenhausverbünden mit mindestens zwei Krankenhäusern zum Abbau von Doppelstrukturen bei der Erbringung von Leistungen einer oder mehrerer der nach § 135e Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Leistungsgruppen“ genannt. Förderfähige Kosten sind bei solchen Krankenhausverbünden „die Kosten für die erforderlichen Baumaßnahmen sowie Kosten für weitere Maßnahmen, soweit sie für die Umsetzung des Vorhabens zwingend erforderlich sind“.

Für kommunale Kliniken kommen neben Verbünden bestehender Krankenhäuser (z.B. in gemeinsamen Gesellschaften) weitere Formen der interkommunalen Zusammenarbeit und Arbeitsteilung in Betracht. Diese können fachliche, technische, wirtschaftliche oder auch organisatorische Fragen betreffen. Neben wirtschaftlichen Erwägungen kann eine solche Zusammenarbeit rein praktischen Herausforderungen wie der Ärzteausbildung dienen, denn deren praktische Ausbildung richtet sich maßgeblich nach dem Leistungsangebot ihrer Arbeitgeber.

Stützungsmaßnahmen, Umstrukturierungen und Kooperationen haben ferner unterschiedliche steuerliche Folgen. Ob bei Zusammenschlüssen eine Fusion, eine Ab- oder Aufspaltung oder ein Share- bzw. Asset-Deal für eine gesellschaftsrechtliche Neuausrichtung in Frage kommt, entscheidet sich nicht zuletzt aufgrund steuerrechtlicher Erwägungen sowie des steuerrechtlichen Status der betreffenden Krankenhäuser – etwa als gemeinnützig steuerbegünstigte Körperschaften. Entsprechend wirken sich auch andere Formen der interkommunalen Zusammenarbeit steuerlich aus – insbesondere mit Blick auf die Umsatzsteuer.

Wettbewerbsrechtliche Erleichterungen

Im Zuge der Reform wurde ferner eine wettbewerbsrechtliche Ausnahmeregelung eingeführt (§ 187 Abs. 10 GWB). Diese kann Zusammenschlüsse im Krankenhaussektor – zeitlich begrenzt bis zum 31. Dezember 2030 – dem Zuständigkeitsbereich des Bundeskartellamts entziehen. Betroffen sind Zusammenschlüsse, welche eine standortübergreifende Konzentration von mehreren Krankenhäusern oder einzelnen Fachrichtungen zum Gegenstand hat und für welche die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden schriftlich bestätigen, dass sie den Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung für erforderlich halten und keine anderen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

Ausblick

Aus der aktuellen wirtschaftlichen Lage und den Rahmenbedingungen der Krankenhausreform folgt, dass insbesondere die Bildung von Verbünden – ungeachtet ihrer jeweiligen Organisations-/Rechtsform – eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder gar eine Alternative zum Aus mancher Kliniken sein kann. Nicht zuletzt aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Ausnahmeregelung sind hierbei auch Verbünde denkbar, die vor der Krankenhausreform nicht möglich waren.

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